Samstag, 8. Januar 2011

Österreichisches Filmwunder hält an - nach Besucherrekord 2009 jetzt Produktionsrekord

Wie im vorigen Eintrag berichtet konnte der österreichische Film den Besucherrekord von 2009 (1,39 Millionen ÖsterreicherInnen sahen österreichische Filme) nicht wiederholen, aber das hohe Niveau, deutlich über dem Schnitt der Vorjahre, konnte auch mit (nach vorläufigen Zahlen) 820.000 bis 850.000 Besuchern gehalten werden (siehe nachstehende Grafik).

Stattdessen gab es 2010 eine regelrechte Explosion in der Filmproduktion. Wohl in der Hoffnung, an die Besucherrekorde von 2009 anknüpfen zu können wurden 47 Filme produziert - um 40 % mehr als im Vorjahr. Und der erst kürzlich veröffentlichte Filmwirtschaftsbericht 2010 (mit Zahlen zu 2009) offenbart, dass auch in den Verleih-Markt Bewegung gekommen ist: durch den Einstieg von Thim Film, ein von einem Deutschen gegründetes österreichisches Unternehmen, das ausschließlich österreichische Filme verleiht. Wie bereits berichtet ging dieser Einstieg bislang nicht zulasten der österreichischen Verleihe: die Erfolgswelle des österreichischen Films auch an den heimischen Kinokassen machts möglich. Und erstmals seit vielen Jahren könnte der Marktanteil der US-Studios am österreichischen Verleihmarkt unter 70 % rutschen. Ob das 2010, für das noch keine vollständigen Zahlen vorliegen, gelingen konnte, wage ich zwar zu bezweifeln, aber für die nächsten Jahre ist es durchaus denkbar.

Alles in allem (gestiegene Filmförderung, stark gestiegene Akzeptanz bei heimischem und internationalem Publikum und auch bei Festivals, höhere Marktanteile österreichischer Verleiher und Vertriebsgesellschaften [zb. Hoanzl am DVD-Markt]) sorgt dafür, dass mehr Geld für die österreichische Filmbranche im Land bleibt - und immer mehr Filmschaffende beschäftigen und versorgen kann.

Folgend zwei Grafiken zur Veranschaulichung des eben geschriebenen, die ich auf Basis der Filmwirtschaftsberichte des Österreichischen Filminstituts (ÖFI) erstellt habe:

Vervollständigung der Legende:
- die Zahlen für 2010 basieren auf eigenen Schätzungen und Hochrechnungen (Annahme: 300 Kino-Erstaufführungen 2010 insgesamt, davon (laut ÖFI) 47 österreichische Erstaufführungen)
- orange Linie: Anteil aller Filme mit österreichischer Produktionsbeteiligung an der Gesamtzahl der Kino-Erstaufführungen (das waren in den letzten Jahren, mit stark ansteigender Tendenz bis 2005 und anschließender Stagnation, zwischen 219 (2000) und 302 (2007); daher geht die orange Linie erst seit 2007 merklich nach oben, da die Zahl österreichischer Kino-Erstaufführungen weiter steigt, die Gesamtzahl seit 2007 jedoch stagniert)
- rote Linie: Das gleiche, jedoch werden nur österreichische Allein- oder Mehrheitsproduktionen (also Koproduktionen unter Federführung eines österreichischen Herstellers) berücksichtigt. Auch hier ist ein konstanter Trend nach oben, von 8 % im Jahr 2000 auf 12 % 2010 zu erkennen.
- blaue Linie: zeigt jenen Anteil der Gesamt-Kinobesuche eines Jahres, der auf Filme mit österreichischer Beteiligung entfällt. Mit rund 1,4 Mio. Ticketverkäufen zu ö. Filmen von über 18 Mio. Tickets insgesamt erreichte dieser Wert 2009 seinen bisherigen Höchststand.


und nun die Veränderung der Marktanteile am österreichischen Verleih-Markt:
Ergänzung der Legende: die violette Linie ist die Kombinierung der Marktanteile der ö. Verleihe mit jener der Constantin-Film Holding, die zwar ebenfalls ein selbstständiger österreichischer Verleih ist, jedoch trotz Ausgliederung aus dem Constantin-Konzern (2004: nach Kirch-Pleite Verkauf an die ö. Langhammer Privatstiftung) nach wie vor vor allem für den Verleih deutscher Constantin-Produktionen zuständig ist.

2008 und 2009 lagen die fünf US-Verleiher (für vollständige tabellarische Statistik siehe Filmwirtschaftsberichte (filmwirtschaftsbericht.filminstitut.at) oder Wikipedia-Artikel "Kino und Film in Österreich", Abschnitt "Filmmarkt")

Für 2010 gibt es, wie gesagt, noch keine aussagekräftigen Zahlen. Vermutlich dürften die US-Verleiher wieder etwas Boden gut gemacht haben, die österreichischen Verleihe (die ja auch der wichtigste Importeur von Arthouse- und europäischen Produktionen sind und dadurch auch von Erfolgen des europäischen Kinos profitieren) dürften ihr Niveau jedoch gehalten haben.

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