Freitag, 19. Juni 2009

Was ist Thim Film?

[erstveröffentlicht von mir am 4. Jänner 2009 auf fm5ottensheim.blogspot.com, hierher verschoben]

Hat sich schon mal jemand gefragt, wer oder was "Thim Film", der Verleiher des erfolgreichsten Film des Jahres 2008 und vermutlich erfolgreichsten Film seit Poppitz und Hinterholz 8 ist? Vermutlich nur wenige, aber denen, die sich das fragen, soll hiermit weiter geholfen werden.

Eins vorweg: Alle Infos, die hier nun folgen, sind für jeden im Internet zugänglich und auffindbar. Allerdings nicht auf die Schnelle. Für jene, die bloß schnell ein Häppchen Info wollen und keine Lust auf eine Diplomarbeit darüber haben, hat dieser Beitrag also sicher seine Berechtigung.

Thim Film - häufiger: "ThimFilm" - ist eine Tochter des 3L Filmverleihs, der wiederum eine Tochter der e-m-s new media AG in Dortmund, Deutschland ist - dem nach eigenen Angaben ältesten DVD-Hersteller Deutschlands - quasi ein Traditionsbetrieb: Pressung der ersten DVD 1997.

In einem Newsletter teilte die Filmstiftung Nordrhein-Westfahlen im Dezember 2004 mit, dass e-m-s in die Filmproduktion einsteigen möchte. Erste Produktionen seien für 2006 geplant. Verantwortlich für die Durchführung des Vorhabens: Vorstandsdirektor Werner Wirsing und Verleihchef Andreas Thim.

Offenbar scheint zeitlich alles funktioniert zu haben, schließlich vermerken Online-Firmenbücher für den 29.12.2006 die Gründung der "ThimFilm" - Leiter: Andreas Thim - in einem Wiener Randbezirk. Das im Internet zu findende Gründungsdatum passt jedenfalls sehr gut zur erstmaligen Nennung des Verleihs im Filmwirtschaftsbericht zu 2007 (veröffentlicht im Dezember 2008). Dort erscheint das Unternehmen gleich zwei Mal in der Verleihstatistik. Einmal als "Senator/Thim Film" und einmal als "3L Filmverleih / Thim Film". Erfolgreichste Filme der beiden: Death Proof - Todsicher mit 66.000 Besuchern und 2 Tage Paris mit 43.000 Besuchern. Den Zusammenhang bzw. die Zusammenarbeit der Thim Film mit Senator Film, die ebenfalls eine Verleihtochter in Österreich haben, konnte ich bislang nicht aufklären.

Jedenfalls verlieh die ThimFilm nach Angaben des Österreichischen Filminstituts erstmals letztes Jahr, 2008, einen österreichischen Film: Die "Independent"-Produktion David Ungers, der seinen Sex-Klamauk "Schlimmer geht's nimmer" aus eigener Tasche finanzierte und damit vermutlich keinen Verleiher fand - außer ThimFilm, die wohl als einzige überblieb und vermutlich selbst keine Filme fand, die ihr nicht von Senator oder über 3L in die Hand fielen. Österreichische Filmproduzenten wählen schließlich in den meisten Fällen Filmladen als Verleih. Und manche Produzenten kochen mittlerweile mit eigenen Verleihen ohnehin schon ihr eigenes Süppchen. Kleinere Produktionen wie Kurz- und Experimentalfilme landen bei Polyfilm oder dem Stadtkino-Verleih. Mainstream-orientierte Produktionen landen gerne auch mal bei der Constantin-Holding, der von der einstigen Mutter nach Österreich ausgekauften Tochter der deutschen Constantin Film. Die deutschen Filme verleihen die deutschen Produzenten mit ihren eigenen Verleihen, selbiges gilt natürlich auch für die amerikanischen. Da bleibt nicht mehr viel übrig, womit sich ein neuer Verleih profilieren könnte. Wie ThimFilm also zu Schlimmer geht's nimmer gekommen ist, bleibt ebenfalls vorerst ein Rätsel. Möglicherweise hat auch hier David Unger mitfinanziert - findet sich doch häufig als Verleihangabe "Thim Film/David Unger". Für das Ergebnis braucht man sich allerdings ohnehin nicht schämen. Der Film erreichte immerhin 7.000 Besucher und somit mehr als die meisten anderen österreichischen Filme des Jahres, darunter die Allegro-Produktion mit Regisseur Sicheritz und Kabarett/Film-Star Roland Düringer Darum, die mit 6.000 Besuchern - man kann es bei diesem Produktionsaufwand nicht anders sagen - ordentlich abkackte, wenn man die stattliche Referenzliste der Beteiligten mit einigen der (national) erfolgreichsten österreichischen Filme aller Zeiten ansieht (Hinterholz 8, Poppitz, Muttertag...).

Der zweite österreichische Film, den ThimFilm bislang verliehen hat/verleiht, ist dann auch schon Echte Wiener. Wie das wieder vor sich gegangen sein soll, wo doch Filmladen und Constantin sonst "Gewehr bei Fuß" für solche Leckerlis stehen, kann ich mir auch wieder schwer erklären. Mein Ansatz ist allerdings der, dass entweder ThimFilm ein unschlagbares Angebot gemacht haben muss oder die Produzenten von Echte Wiener aus irgendwelchen Gründen nicht mit den etablierten Verleihen zusammenarbeiten wollten. In ersterem Fall kann ich mir auch gut ein "Eröffnungsangebot" vorstellen. Sprich: ThimFilm will in Österreich "groß" (so groß man hier halt kann, wenn man keine amerikanischen Filme hat) einsteigen bzw. seinen Teil am Kuchen haben und hat daher um alles in der Welt versucht, den absehbaren Kassenschlager Echte Wiener für sich zu gewinnen um ihn als künftige Referenzproduktion vorweisen zu können. Das wäre dann wohl geglückt.

Aber gegen die etablierten Verleiher wird man sich wohl auch langfristig nur durch bessere Konditionen durchsetzen können, denn der Markt ist an und für sich besetzt. Es ist für den Filmproduzenten egal, welchen der Verleihe er nimmt, die ihn nehmen würden (also keine amerikanischen und deutsche Verleihe; bleiben also Filmladen und Constantin als "big player" im Bereich österreichische Filme sowie die kleinen "Zwutschgerl" polyfilm, stadtkino oder auch Luna Film und Poool Film, die übrigens ebenfalls Fuß fassen wollen).

Was kommt also als nächstes? Wird ThimFilm künftig den österreichischen Verleihern die wenigen erfolgreichen Produktionen abwerben? Werden weitere Independent-Streifen verliehen? Und was wird aus der Kooperation mit Senator Film?

1 Kommentar:

  1. Was daraus geworden ist kann man in der aktuellen (November 2010) Besucherstatistik des FAFO (Fachverband...) nachlesen: Von den 20 besucherstärksten Filmen werden 9 von Thimfilm verliehen
    http://www.fafo.at/?category=1&actP=18

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